Gedicht für heute

Sun, 13 Mar 2022 21:39:39 +0000 von Áron Bence

"Und er kam zu seinen Jüngern und fand sie schlafend und sprach zu Petrus: Konntet ihr denn nicht eine Stunde mit mir wachen? Wachet und betet, dass ihr nicht in Anfechtung fallt! Der Geist ist willig; aber das Fleisch ist schwach." (Mt 26,40,41)

Miklós Radnóti: Gewaltmarsch

Verrückt ist, wer, gestürzt, sich erhebt und weiterschreitet,
Knöchel und Knie knickt, trotzend dem Schmerz, der ihn
durchschneidet,
und weiterschreitet, so als würden ihn Flügel heben,
umsonst ruft ihn der Graben er wagt nicht, nicht zu leben.
Vielleicht sagt er dir, was ihm solch Weitermühn gebot:
die Frau, die auf ihn wartet und einst ein weisrer Tod.
Dabei ist er verrückt, der Gute: in seinem Heim
gehn Brandwind, Staub und Asche sonst niemand aus und ein.
Die Rückwand fiel zerstückelt, geknickt der Pflaumenbaum,
voll Angst die stillen Nächte verloren ihren Flaum.
Könnt ich doch glauben: Nicht nur im Herz blieb unversehrt
das Heim, die Heimat, alles was uns im Leben wert,
und man zurückkehrn könnte und sitzen hinterm Haus;
friedlich die Bienen summen das Pflaumenmus kühlt aus,
Altweibersommer sonnt sich ein Ast im Garten knackt,
in den Laubkronen wiegen sich Früchte prall und nackt
und Fanni steht und wartet blond vorm Rotdornenhag,
und langsam Schatten schreibt der langsame Vormittag. -
Vielleicht kann's doch so werden der Mond strahlt brüderlich.
Freund, bleib doch stehen, ruf mich an: ich erhebe mich!

Bor, 15. September 1944
Übersetzt von Franz Fühmann
Bestätigen

Bist du sicher?