Aschermittwoch

Wed, 22 Feb 2023 20:40:54 +0000 von Áron Bence

Einleitende Worte

Heute beginnt die große Fastenzeit – darunter wird in der Kirche die vierzigtägige Wanderung verstanden, bei der Christinnen und Christen den Erlöser auf seinem Weg zum Tod am Kreuz begleiten. Unsere Reise mit dem Mensch und Körper gewordenen Gott fängt heute an. Wir hören seinen Aufruf, der zu Beginn seiner Verkündigung erklang: „Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!“ Martin Luther sagt in seiner ersten These: „Da unser Herr und Meister Jesus Christus spricht ´Tut Buße´, hat er gewollt, dass das ganze Leben der Gläubigen Buße sein soll.“ Und ferner sagt er, dass das Fasten ein äußerliches Merkmal der Kirche sei.
 
Wir bekennen unsere Sünden, alles, was uns von Gott und von den Mitmenschen trennt. Wir haben auf unsere Körperlichkeit nicht genug geachtet – jetzt staunen wir, dass sie von Gott so sehr geschätzt war, dass er sein schöpferisches Wort, seine rettende Nachricht in sie kleidet. Wir haben versucht, mehr zu sein, mehr zu erscheinen als leibliche Menschen. Wir haben andere unterdrückt, stummgestaltet, unseren Blick abgewendet, als ob wir alle nicht von einem Fleisch wären. Wir haben uns ängstlich abgesondert, auch von unserer eigenen Körperlichkeit. Wir haben unseren Leib vernachlässigt, seine Signale nicht ernst genug genommen, uns eher betäubt, als mit unserer Körperlichkeit nüchtern zu konfrontieren. Wir bekennen unsere Sünden mit den Worten des Confiteors (EG 786.2):
Liturg: „Ich bekenne Gott, dem Allmächtigen…“

Spendung des Aschenkreuzes
 
Heute empfangen wir das Zeichen des Kreuzes aus Asche. Dies ist eine jahrtausendealte Tradition in der Kirche. Das Kreuz steht für das Innehalten, es ist immer eine Zäsur während der Wanderung. Auf dem Friedhof, auf einem Grabstein markiert das Kreuz das Ende. Für uns Christinnen und Christen jedoch hat es immer eine verborgene Hoffnung inne: Die Geschichte geht unerklärlicherweise doch weiter.
 
Erinnere dich: Staub bist du und zum Staub kehrst du zurück.
 
Meditation
 
Ich möchte heute, am Anfang des vierzigtägigen Weges nach Golgatha, meiner Körperlichkeit gegenüberstehen. Ich möchte mich mit ihr versöhnen. Ich möchte sie ernster nehmen.
 
Ich nehme meine Begrenztheit in meiner Körperlichkeit wahr.
Ich bin in Zeit und in Raum begrenzt. Ich möchte mich in Geduld vertiefen. Ich kann nicht überall präsent sein, und die Tage meines Lebens sind nicht unendlich. Ich möchte mit all´ meinen Kräften und mit meiner ganzen Achtsamkeit im Hier und Jetzt gegenwärtig sein.
 
Ich nehme meine Verwundbarkeit wahr.
Ich bin gebrechlich, ich brauche Zeit zum Rückzug, zum Aufladen. Es gibt auch Narben und Mängel auf meinem Körper, die nicht heilbar sind – Erinnerungsmale des kurvigen Weges meiner Vergangenheit. Ich möchte Demut lernen und mich im Erkenntnis vertiefen: ich bin in meinem Leben auf die Hilfe meiner Mitmenschen, auf die Gnade meines Gottes angewiesen.
 
Ich nehme meine Fehlbarkeit wahr.
Ich bin Mensch wie die Anderen. Ich mache Fehler, bin manchmal zu schnell, manchmal zu langsam. Meine Urteilskraft, meine Gedanken, meine Entscheidungen sind bruchstückhaft. Was heute als Wahrheit verkündet wird, wird morgen bereits überschrieben sein.
Ich möchte mich in der selbstlosen Liebe vertiefen, und die Scherben dieser Liebe in meinem Leben erkennen – denn sie weisen auf etwas hin, die über meine Grenzen hinausgeht.
 
Ich möchte heute meiner Körperlichkeit gegenüberstehen. Ich bin Staub: begrenzt, verwundbar, fehlerhaft. Ich möchte sie, ihre eindeutigen und kaum vernehmbaren Regungen immer genauer wahrnehmen. Durch mein Fasten strebe ich danach, die Mauern abzubauen, die mich am Erleben der eigenen Körperlichkeit hindern. Ich bin Staub, aber Gott hat diesen Staub gewählt, um seine Rettung in ihn einzuwickeln, in ihm zu verbergen. Die Erlösung Gottes flimmert heimlich in meiner Körperlichkeit.

Segen
 
Mögest du in dieser großen Fastenzeit
in deiner zerbrechlichen Körperlichkeit
tiefer eintauchen,
nicht mit ausbeuterischer Absicht,
sondern mit wundernder Ehrfurcht,
nicht als um sich herumdrehender Götzendienst,
sondern so, dass du merkst:
sie ist der Schauplatz des Erlösungswerks Christi.
Amen. 
Quelle: EKD
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