Liebe Gemeindeversammlung,
leider kann ich heute nicht dabei sein, da wir verreist sind. Aber ich möchte dem Kirchenvorstand und St. Jacobi zum Fusionsbeschluss von Herzen gratulieren.
Ich schaue zurück auf 40 Jahre „Göttinger Innenstadtgemeinden“, beginnend in meiner Vikariatszeit an St. Albani 1984. Damals hatten sie alle, auch Jacobi, zwei volle Pfarrstellen, eine volle Diakonen- und eine volle Küsterstelle und eine halbe Sekretärinnenstelle. Gemeindeschwestern gab es damals auch noch.
40 Jahre später ist die Zahl an Hauptamtlichen auf weniger als ein Drittel zusammengeschrumpft! St. Jacobi und St. Johannis haben heute nur noch eine ¾-Pfarrstelle, keine Diakonenstelle und deutlich reduzierte Küster- und Sekretariatsstunden.
Sicher, mit sinkenden Gemeindegliederzahlen (seit Jahrzehnten jährlich 2-3 Prozent!) haben sich manche Aufgaben erledigt (z.B. kein Konfirmandenunterricht mehr in St. Jacobi, weniger Taufen, Trauungen, Beerdigungen), aber viele Aufgaben sind geblieben und manche dazugekommen oder anspruchsvoller geworden.
Dieser Wandel schreitet fort. St. Jacobi und die anderen Innenstadtgemeinden hätten in wenigen Jahren alle nur noch halbe Stellen. Sie hätten Schwierigkeiten, diese Stellen zu besetzen. Wie undankbar halbe oder auch zwei halbe Stellen in verschiedenen Gemeinden oder mit Sonderaufgaben sind, kann man in Nachbargemeinden sehen.
Halbe oder ¾-Stellen mögen für manche Pfarrpersonen in der Familiengründungsphase interessant sein, aber danach wünschen sich viele eine volle Pfarrstelle. Wenn eine solche nicht vorhanden ist, werden sie sich selten längerfristig binden. Vor 40 Jahren waren wir Pastoren froh, eine Gemeinde zu finden. Heute können Gemeinden sich freuen, wenn sie einen Pastor finden und halten können.
Deshalb: Um mittelfristig wieder volle und attraktive Pfarrstellen ausschreiben zu können, brauchen die Innenstadtgemeinden eine neue Struktur und flexible Pfarrstellenangebote einschließlich attraktiver, voller Stellen. Auch deshalb ist die Fusion der nächste, sinnvolle Schritt aufeinander zu.
Die Profile der einzelnen Innenstadtkirchen, die sich seit Jahrzehnten entwickelt haben, fortzuführen und weiterzuentwickeln, wird durch die Fusion gefördert. Sie ermutigt, das Eigene selbstbewusst zu zeigen, ohne sich für eigene Defizite zu genieren, im Wissen: Was bei uns (teilweise schon sehr lange) weniger wird oder fehlt, finden Menschen in den anderen Kirchen der einen Gemeinde. Selbstbewusst können wir dann sagen: Unsere Gemeinde hat super Konfirmanden- und Jugendarbeit – an St. Albani. Unsere Gemeinde hat breit aufgestellte Diakonie - an St. Marien, eine weltoffene Kirche an St. Johannis, einen Ort nahe bei den Menschen auf dem Leineberg und ein traditionsbewusstes Zentrum für Liturgie, Spiritualität und Kirchenmusik an St. Jacobi, dazu ein Gemeindebüro, das an fünf Tagen die Woche vor- und nachmittags mehrere Stunden besetzt ist.
Darum: Herzlichen Glückwunsch und Gottes Segen auf diesem Weg der Fusion
wünscht der ehemalige Jacobipastor
Harald Storz